Mit Angst selbstverantwortlich umgehen
Mit unseren Gedanken bestimmen wir, wie wir uns fühlen!
Auch wenn es uns oft so scheint: Belastende Gefühle „überfallen“ uns nicht. Sie sind die Folge unserer Gedanken. Wir selbst sind es, die wir uns durch unsere angstvollen Gedanken immer wieder zuverlässig in eine hilflose Verfassung bringen. Eigentlich ist es ganz einfach: Wenn wir friedvolle, zuversichtliche Gedanken denken, bleiben wir gelassen und fühlen uns sicher. Wenn wir uns Sorgen machen und das Schlimmste befürchten, erzeugen wir in uns Angst. Wenn wir an uns selbst zweifeln und glauben, dem Leben nicht gewachsen zu sein, verfallen wir in Hilflosigkeit und Verzweiflung.
Ängste sind lediglich unwahre Gedanken, für die wir uns irrtümlich entschieden haben
Viele Menschen haben sich angewöhnt, sich selbst ständig mit angstvollen Gedanken zu terrorisieren. Dadurch machen sie Situationen meist schlimmer, als sie in Wirklichkeit sind: Nach einer kritischen Bemerkung ihres Chefs gehen sie beispielsweise davon aus, dass sie ab sofort auf der Abschussliste stehen.
Wenn ein neuer Partner eine Verabredung absagt, rechnen sie damit, dass die Beziehung beendet ist. Wenn sie körperliche Symptome haben, befürchten sie, nie mehr richtig gesund zu werden. Nicht wenige Menschen haben sich angewöhnt, in ihrem Kopf „worst-case-Szenarien“ ablaufen zu lassen, wie sich ihr Leben aufgrund eines Ereignisses zum Negativen verändern wird. Schnell wird ihre Befürchtung für sie zur Gewissheit, dass alles genau so eintreten wird.
Angstvolle Gedanken können sich auf alle Lebensbereiche beziehen, z.B. unsere Gesundheit, die Partnerschaft, unser Arbeitsplatz, unsere finanzielle Situation oder die weltpolitische Lage. Das Leben wird bedrohlich, wenn man immer mit dem Schlimmsten rechnet. Und nach dem Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung tritt nicht selten sogar ein, was die Menschen befürchten, weil sie alles, was passiert, so bewerten, dass ihre Befürchtungen bestätigt werden. Appelle von anderen Menschen wie „Das schaffst du schon!“ oder „So schlimm ist das doch alles nicht!“ helfen nicht weiter. Im Gegenteil: Sie erzeugen nur noch mehr Druck, weil sich die Betroffenen unverstanden und mit ihrem destruktiven Gedanken- und Gefühls-Chaos alleingelassen fühlen.
Woher kommen die belastenden Gedanken, mit denen wir uns selbst herunterziehen oder uns in Angst und Schrecken versetzen?
Wenn ein Baby auf die Welt kommt, hat es lediglich körperliche Empfindungen. Es kräht fröhlich, wenn es sich wohl fühlt, und schreit, wenn es Hunger oder Bauchweh hat oder wenn ihm langweilig ist. Es denkt keine belastenden Gedanken. Es überlegt weder, ob es so, wie es ist, „in Ordnung“ ist, noch macht es sich Sorgen, ob es den Anforderungen des Lebens gerecht werden wird. Es lebt von Augenblick zu Augenblick. Die meisten Kinder verlieren diese Sorglosigkeit aber frühzeitig. Spätestens mit zwei Jahren beginnen Kinder Schlussfolgerungen aus den Reaktionen ihrer Eltern und anderer Bezugspersonen zu ziehen: Sie lernen, wie sie „sein“ müssen, damit alle zufrieden sind. Damit verbunden lernen sie oft unbegründete Ängste: die Angst, den Erwartungen nicht zu entsprechen, die Angst nicht liebenswert zu sein bzw. anders zu sein als andere („Warum spielst du nicht einfach mit, wie die anderen Kinder auch?“), die Angst, nicht gut genug zu sein, und dem Leben nicht gewachsen zu sein … Damit verlieren sie zunehmend das Vertrauen, dass sie so, wie sie sind, „genau richtig“ und für alle Herausforderungen des Lebens gerüstet sind. Oft übernehmen sie dabei unbewusst die Ängste ihrer Bezugspersonen. Wie Kinder mit diesen erlernten Ängsten umgehen, ist individuell unterschiedlich: Manche bekommen Angst vor der Dunkelheit („Da ist ein Monster unter meinem Bett!“) und dem Alleinsein und vermeiden ängstlich jede Herausforderung. Sie sind „brav“ und passen sich an. Andere treten besonders selbstbewusst auf. Wieder andere rebellieren trotzig und verhalten sich „auffällig“. Alles Verhaltensweisen, die meist auch als Erwachsene beibehalten werden.
Viele Erwachsene haben irgendwann unnötige Ängste gelernt, mit denen sie sich – oft ein Leben lang – selbst im Weg stehen, z.B.
- Erwartungsgemäße Anpassung – aus Angst vor Ablehnung
- Selbstzweifel und fehlende Kritikfähigkeit – aus Angst nicht gut genug zu sein
- Perfektionismus – aus Angst, den eigenen überhöhten Ansprüchen nicht zu genügen
- Rechthaberei – aus Angst, unterlegen zu sein
- Beharren auf Bewährtes – aus Angst vor Veränderung
- Sorgen und Zukunftsängste – aus Angst, die Kontrolle über die Ereignisse zu verlieren
Diese äußern sich in wiederkehrenden Verhaltensmustern, z.B.
- Wir sagen „ja“, obwohl wir eigentlich „nein“ sagen müssten
- Wir bringen uns immer wieder in Konflikte, weil wir stur auf unserem Standpunkt beharren
- Wir lehnen Veränderungen kategorisch ab
- Wir machen uns ständig Sorgen und befürchten immer das Schlimmste
- Wir „überspielen“ unsere Angst, abgelehnt zu werden, indem wir impulsiv und wütend reagieren, wenn unsere „wunden Punkte“ aktiviert werden
Es nützt aber nichts, sich diese “abtrainieren” zu wollen. Entscheidend ist es, die (mehr oder weniger bewussten) Überzeugungen über das Leben und den eigenen Wert zu verändern, die wir irgendwann abgeleitet haben, z.B.
- „Ich bin nicht liebenswert“
- „Ich kann es nie recht machen!“
- “Ich bin immer schuld!”
- „Das Leben ist ungerecht!“
- „Gib lieber nach sonst mögen sie dich nicht mehr!“
- “Ich darf auf keinen Fall einen Fehler machen!”
Diese Überzeugungen haben wir altersentsprechend abgeleitet. Zum damaligen Zeitpunkt wussten wir es einfach nicht besser. Ein Kind, das beispielsweise Probleme in der Schule hat, erkennt nicht, dass es viele andere wichtige Fähigkeiten hat. Es lernt, dass Schulnoten den eigenen Wert zu bestimmen scheinen und hält sich für einen Versager. Wer als Kind seine Ängste durch angepasstes, dominantes oder rebellisches Verhalten überspielt hat und daher ständig Probleme mit anderen hatte, wer nicht “mainstream” war, hat vielleicht gelernt, dass er nicht akzeptiert und “immer der Außenseiter” ist. Viele Menschen haben dieses inzwischen längst nicht mehr angemessene Selbstbild auch als Erwachsene beibehalten. Wir können aber die damaligen Entscheidungen und Überzeugungen mit unserem heutigen Wissen und unseren Erfahrungen korrigieren. Und neue Überzeugungen entwickeln, die unseren Fähigkeiten viel besser entsprechen und uns im Leben weiterhelfen!
Unsere vergeblichen Versuche, unsere Ängste zu bekämpfen oder zu unterdrücken
Viele Menschen vermeiden ihre Ängste mit ständigen Aktivitäten, mit einem “Helfer-Syndrom”, mit abendlichen Fress-Orgien oder übermäßigem Alkoholkonsum. Nicht wenige versuchen ihre angstauslösenden Gedanken und Bilder in ihrem Kopf wegzudrücken (“Gedanken-Stopp”) und durch positive Gedanken zu ersetzen (z.B. Affirmationen). Das wird auch in verschiedenen therapeutischen Ansätzen unterstützt. Andere beginnen angstauslösende Situationen ganz zu vermeiden: Ein zuverlässiger Weg in eine generalisierte Angststörung. Und viel zu viele Menschen hoffen, sich mit Hilfe von stimmungsaufhellenden und angstdämpfenden Medikamenten von ihren belastenden Gefühlen befreien zu können. Oft funktioniert das auch. Aber leider nur kurzfristig… Letztendlich wollen wir mit diesen Verhaltensmustern unsere Ängste nicht fühlen müssen.
Die destruktive Gedanken-Spirale der Angst
Egal, worüber wir uns Sorgen machen… Letztendlich liegen immer Gedanken zugrunde, mit denen wir unsere Fähigkeiten oder unseren Wert als Mensch in Frage stellen. Und jetzt beginnt eine destruktive Spirale: Aufgrund unserer abwertenden Gedanken können wir immer weniger unsere Stärken und bisherigen Erlebnisse sehen. Damit erzeugen wir automatisch Zweifel in uns, ob wir den Herausforderungen des Lebens überhaupt gewachsen sind. Parallel dazu machen wir uns immer mehr Sorgen über die Zukunft und verlieren uns in Fantasien, was alles Schlimmes passieren könnte. Wir nehmen Ereignisse selektiv wahr und bewerten alles, was uns passiert, so, dass es uns darin bestätigt, was wir befürchten, die sog. „selbsterfüllende Prophezeiung“. Die kritische Bemerkung eines Kollegen wird beispielsweise als Beweis der eigenen Unfähigkeit angesehen. Irgendwann haben wir diese destruktive Art über uns und das Leben zu denken so weit automatisiert, dass sie uns völlig selbstverständlich geworden sind. Wir können uns gar nicht mehr vorstellen, dass es auch anders sein könnte. Verzweifelt versuchen wir, alles unter Kontrolle zu halten. Weil wir uns aber selbst nicht mehr vertrauen, trauen wir auch dem Leben nicht. Aber das Leben lässt sich nicht kontrollieren. Und weil wir das eigentlich wissen, verstärkt das noch unsere Angst.
Aus meiner Praxis:
Jürgen, Anfang 40, kommt in die Praxis, weil er seit Wochen nachts nicht mehr schläft. Ihm wurde vor drei Monaten die Funktion einer Teamleitung angeboten, die er gerne angenommen hat. Als der Zeitpunkt der Funktionsübernahme näher rückt, bekommt er immer mehr Angst, den bevorstehenden Herausforderungen nicht gewachsen zu sein. Immer mehr zweifelt er an seinen Fähigkeiten, sieht sich bereits scheitern. Er gesteht, dass er seine Entscheidung am liebsten rückgängig machen würde. Aber gleichzeitig beschreibt er sich als jemand, „der zu dem steht, was er zugesagt hat“. Er sei jemand, der Herausforderungen annehmen würde. Heftig tobt in ihm der Konflikt, ob er die neue Verantwortung ablehnen (was er als „Scheitern“ ansähe) oder sich wie gewohnt „durchbeißen“ solle. Es sei doch eine „einmalige“ Chance… und er wolle doch die Erwartungen seiner Vorgesetzten nicht enttäuschen. Immer weiter verstrickt er sich hin „worst-case“-Szenarien: Er sieht sich als Versager gekündigt und arbeitslos. Die Familie müsste aus dem Haus ausziehen. Es gäbe für ihn (trotz seiner sehr guten Kompetenzen!) sicher kein neues Arbeitsverhältnis mehr. Ich frage ihn, was ihn hindern würde, sich bei seinem Chef ehrlich gegen die zugesagte neue Funktion zu entscheiden. Es wird deutlich, dass er für diese Entscheidung eine Rechtfertigung braucht. Sie widerspricht allen Überzeugungen, nach denen er bisher gelebt hat. Als “Rechtfertigung” lässt er sich mehrere Wochen krankschreiben. Zusätzlich bekommt er Medikamente. Währenddessen wird die Funktion einem anderen Kollegen übertragen. Die erhoffte Erleichterung bleibt aber aus. Stattdessen fühlt er sich zunehmend depressiv.
Wir müssen das, wovor wir Angst haben, einfach tun! Und zwar mit unserer Angst…
Es nützt nichts, die (abwehrenden) Verhaltensmuster mit Verhaltensempfehlungen zu bearbeiten („Hören Sie auf, sich ständig Sorgen zu machen“, „Hören Sie sich die Kritik doch erst einmal in Ruhe an!“ , “Denken Sie positiv!”). Immer geht es bei diesen Empfehlungen darum, die eigenen Ängste zu unterdrücken: Die Angst, den Erwartungen nicht zu entsprechen, abgelehnt zu werden oder gar zu scheitern. Letztendlich die Angst, dem Leben nicht gewachsen zu sein. Ängste lassen sich aber nicht unterdrücken. Im Gegenteil: Sie werden dadurch nur stärker und tauchen in immer mehr Situationen in unserem Leben auf. Irgendwann sind wir vollkommen verängstigt: Die generalisierte Angststörung.
Aber ganz ehrlich: Das haben Sie doch geahnt! Sie selbst kennen doch Ihre Befürchtungen am besten. Sie selbst wissen doch am besten, welche Entscheidungen bzw. Veränderungen in Ihrem Leben dringend notwendig wären. Es hilft nichts: Wir müssen uns unseren Ängsten stellen. Und zwar mit den Fähigkeiten, die wir heute haben! Dafür müssen wir uns aber entscheiden! Kein Coach, kein (Psycho-)Therapeut kann Ihnen das abnehmen. Sie selbst müssen sich entscheiden, zu sagen: Ich will das so nicht mehr!
Überprüfen Sie, ob Sie das wirklich wollen! Es geht nicht darum, die Angst “wegzudiskutieren”. Natürlich gibt es Situationen, die Ihnen derzeit Angst machen. Aber Se können entscheiden, ob Sie sich diesen Situationen bewusst aussetzen. Mit Ihrer Angst. Das ist aus meiner Sicht Selbstverantwortung: Ich entscheide mich, mit meiner Angst angstbesetzte Situationen anzugehen…. Damit setzen Sie ungeahnte Kräfte bei sich selbst frei…
Wir glauben (erwarten) immer, dass unser Leben leicht sein soll. Dass uns Dinge zufallen, Situationen leichtfallen. Warum? Wer hat uns das versprochen? Ich glaube, dass wir auf der Welt sind, um unser Potenzial zu entwickeln. Und dafür braucht es Herausforderungen!
Die vier Schritte, wie Sie angstauslösende und selbstabwertende Gedanken “verlernen” können:
Der erste Schritt: Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Gedanken!
Wir sollten kontrollieren, was wir tatsächlich kontrollieren können – nämlich unsere Gedanken!
Verändern Sie Ihre Gedanken, dann verändern sich auch Ihre Gefühle!
Die gute Nachricht: Wir sind unseren angstvollen Gedanken nicht „ausgeliefert“. Auch die schrecklichsten Dinge, die wir uns in unserer Fantasie ausmalen, sind lediglich Gedanken. Kein Mensch, kein Ereignis und keine Umstände können unsere Verfassung beeinflussen, wenn wir das nicht wollen. Es liegt nämlich ausschließlich an uns, welche Bedeutung wir dem geben, was passiert. Wir selbst sind es, die wir uns durch unsere Gedanken in eine ängstliche Verfassung bringen. Und daher können auch nur wir selbst uns wieder in eine zuversichtliche Verfassung bringen! Ganz gleich, wie lange uns ein Problem schon zu schaffen macht: Wenn wir jetzt unsere Gedanken und Überzeugungen ändern, können wir jetzt unser Leben in die von uns gewünschte Richtung lenken. Jeder Mensch hat die Wahl, ob er angstvolle, entmutigende oder beruhigende, ermutigende Gedanken denken will! Übernehmen Sie die Verantwortung für das, was Sie denken! Hören Sie auf, sich selbst Angst einzujagen! Lassen Sie nicht (mehr) zu, dass Sie sich durch Ihre Denkgewohnheiten selbst in Angst und Schrecken versetzen!
Sie glauben, das sei Selbstbetrug? Nein. Es sind nämlich nicht die Fähigkeiten und die Rahmenbedingungen, die zuversichtliche von verzweifelten Menschen unterscheiden, sondern ihre Gedanken! Zuversichtliche Menschen zweifeln genauso an ihren Fähigkeiten oder befürchten zu scheitern. Sie haben aber gelernt, sich selbst Mut zuzusprechen („Das schaffst du! Du hast schon so vieles geschafft!“) und darauf zu vertrauen, dass sie mit allem umgehen werden, was kommt („Egal, was passiert: Du findest eine Lösung!“).
Praxis-Tipp: Holen Sie sich selbst aus der "Grübel-Falle"!
Der zweite Schritt: Finden Sie heraus, wovor Sie sich wirklich fürchten!
Immer noch kursiert der Aberglaube, wenn wir uns die schrecklichen Dinge vorstellen, die wir befürchten, würden sie wahr. Das ist aber Unsinn. Wir fürchten uns nämlich am meisten vor dem, was wir uns nicht vorzustellen wagen. Wir müssen, wie Pema Chödron empfiehlt, „an die Orte gehen, die wir fürchten“.
Praxis-Tipp: Decken Sie die destruktiven Überzeugungen hinter Ihren Ängsten auf!
- Stellen Sie sich die Situation vor, die Ihnen Angst macht. Und zwar, wie wenn Sie im Kino einen Film anschauen, bei dem Sie die Hauptrolle spielen. Machen Sie sich bewusst, dass das, was Sie auf der Leinwand sehen, nicht real ist. Es lediglich ihre Gedanken. Lassen Sie den Film bis zum Ende ablaufen, um zu sehen, was schlimmstenfalls passieren könnte. So erfahren Sie, was Sie wirklich befürchten.
- Lassen Sie den Vorhang vor Ihrer inneren Leinwand zufallen. Nehmen Sie eine aufrechte Haltung ein. Atmen Sie einige Male tief und gleichmäßig ein und aus. Es war “nur” ein Film.
- Und jetzt überprüfen Sie selbstkritisch: Wie realistisch ist es, dass “Ihr” Film eintritt? Und selbst wenn: Wie würden Sie mit dem schlimmsten Fall umgehen?
- Welche destruktiven Überzeugungen über sich und das Leben stecken hinter Ihren schlimmsten Befürchtungen? Dass Sie ein Versager sind, nicht liebenswert, nicht gut genug?
Der dritte Schritt: Beginnen Sie (wieder) zu vertrauen – in sich und das Leben!
Unsere erlernten Ängste sind das Ergebnis von mangelndem Vertrauen in uns und das Leben: Wer nicht auf seine Fähigkeiten vertraut, fühlt sich auch den Herausforderungen des Lebens nicht gewachsen. Ängste sind deutliche Hinweise, dass wir unsere Fähigkeiten unterschätzen, unser Potenzial nicht nutzen – und nicht auf unsere innere Führung vertrauen. Je mehr wir auf uns selbst und unsere innere Führung vertrauen, desto weniger müssen wir uns angstbesetzte Situationen vorstellen.
Ja, es gibt Menschen, die bereits in ihrer Kindheit das Vertrauen in ihre Fähigkeiten und eine Zuversicht, “dass schon alles gut werden wird”, mitbekommen haben. Die “Glückskinder”, denen alles zuzufallen scheint. Die “Stehauf-Männchen”, die sich niemals unterkriegen lassen. Ich habe allerdings in der Arbeit in meiner Praxis nicht selten erlebt, dass manche von ihnen gelernt haben, eine Rolle zu spielen und ständig gegen ihre Angst ankämpfen, “entlarvt” zu werden. Letztendlich spielt es keine Rolle, wie wir aufgewachsen sind. Wir können uns Selbstvertrauen und Zuversicht heute als Erwachsene immer noch verschaffen.
Wenn Menschen ihre Ängste überwinden wollen, müssen sie aufhören, nach vermeintlicher Sicherheit zu streben, um zu kontrollieren, was nicht zu kontrollieren ist, nämlich das Leben. Stattdessen sollten sie darauf zu vertrauen,
- dass sie mit ihren Fähigkeiten für alle Herausforderungen gerüstet sind und für alle Probleme eine Lösung finden werden (Selbstvertrauen)
- dass die Ereignisse in ihrem Leben dazu dienen, neue Fähigkeiten zu entwickeln und somit zu ihrem Besten sind (Zuversicht)
Bedeutet das, dass wir uns passiv den Ereignissen ausliefern sollen? Nein! Es bedeutet lediglich, dass wir auf das Einfluss nehmen, was wir tatsächlich beeinflussen können – und zwar unsere Gedanken.
Praxis-Tipp:
- Nehmen Sie sich beim Aufwachen einige Sekunden Zeit, um den Tag willkommen zu heißen. Das Leben stellt uns ständig vor Herausforderungen. Wir sollten uns immer wieder selbst darin bestärken, dass wir ihnen gerecht werden. Formulieren Sie einen Gedanken bzw. einen Satz, der Sie beruhigt und Ihnen Zuversicht gibt: z.B. „Ich bin bestens gerüstet, für alles, was kommt“. Entscheiden Sie sich dann ganz bewusst, darauf zu vertrauen, dass alles Ihrem Besten dient – auch wenn Sie den Sinn derzeit noch nicht erkennen können.
- Nehmen Sie sich abends vor dem Einschlafen ein paar Minuten Zeit, etwas zu finden, was Sie heute geschafft haben und worauf Sie stolz sind. Völlig egal, ob es sich dabei um eine “Belanglosigkeit” handelt. Lassen Sie das Ereignis oder die Situation Revue passieren und erlauben Sie sich, wirklich Befriedigung zu spüren.
- Finden Sie dann etwas, wofür Sie dankbar sind. Wofür Sie nichts leisten mussten: Die Unterstützung eines Kollegen, das Gespräch mit einem Freund, die Sonne in der Mittagspause…. Jeweils eine Sache – nicht mehr. Lassen Sie auch dieses Ereignis oder die Situation Revue passieren und erlauben Sie sich, Dankbarkeit zu spüren.
- Erinnern Sie sich an drei Erfolgserlebnisse in Ihrem bisherigen Leben. Dabei ist völlig unwichtig, ob diese auch für andere bedeutungsvoll wären. Es geht ausschließlich um Sie! Was war Ihr Beitrag dazu, dass Sie diese Situation als persönlichen Erfolg erlebt haben?
- Stellen Sie sich die entsprechenden Situationen dazu vor. Lassen Sie Ihre damaligen Erfolgsgefühle auftauchen. Je intensiver, Sie darin “schwelgen”, desto besser!
Nutzen Sie Affirmationen!
Es ist gar nicht so einfach, sich bei auftauchenden ängstlichen Gedanken konsequent immer wieder für selbstbestärkende, zuversichtliche Gedanken zu entscheiden. Affirmationen sind bewusst ausgewählte positiv und in der Gegenwartsform formulierte Überzeugungen, mit denen wir das Vertrauen in uns selbst und das Leben bekräftigen. Sie sprechen uns aber nur dann unbewusst an, wenn sie nicht das Bestehende verleugnen (z.B. „Ich habe keine Angst“) sondern den erwünschten Zustand beschreiben (z.B. „Ich verfüge über alle Fähigkeiten, um eine Lösung zu finden“). Affirmationen sind Sätze, mit denen wir uns darin bestärken, dass erwünschte positive Veränderungen in unserem Leben möglich sind. Sie sind wichtige Werkzeuge, um angstvollen Gedanken die Macht über uns zu nehmen. Wir können sie sofort anwenden, wenn wir erkennen, dass wir angstvolle Gedanken denken. Viel wichtiger ist es aber, dass wir sie uns innerlich regelmäßig vorsprechen. Wenn wir das immer wieder tun, werden wir merken, dass wir uns nicht mehr so schnell aufregen, nicht mehr so schnell entmutigen lassen wie früher. Wir beginnen auf Ereignisse immer gelassener zu reagieren. Und unsere Aufmerksamkeit richtet sich auf andere Dinge und es tun sich ganz plötzlich neue Wege auf: Wir haben auf einmal eine gute Idee für eine Lösung, lesen etwas, was uns weiterbringt, treffen jemanden, der uns Unterstützung anbietet oder was auch immer.
Praxis Tipp: Finden Sie Ihre eigenen Affirmationen, die Ihnen Mut und Zuversicht geben!
Beispiele:
- “Ich verfüge über alle Fähigkeiten, um jeder Herausforderung gewachsen zu sein.”
- „Ich vertraue auf meine innere Weisheit. Ich kann mich auf sie verlassen.”
- „Das Leben bringt mir genau die Erfahrungen, die ich brauche, um mich weiterzuentwickeln.“
- „Ich freue mich auf alle Erfahrungen, die das Leben mir zu bieten hat.“
- „Alles im Leben geschieht zu meinem Besten.“
- „Ich mache das Beste aus allem, was mir passiert!“
- „Ständig lerne ich dazu und entwickle mich weiter“
- „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“
- Ich vertraue darauf daß, was immer ich benötige, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort zu mir kommt.
- Ich sehe mit Freude den Abenteuern dieses Tages entgegen
Eine Art Selbstbeschwörung? Affirmationen mögen sich zunächst komisch anfühlen. Affirmationen wirken nicht sofort. Wir müssen erst lernen, diese zu glauben. Es sind Überzeugungen, die wir neu in unser Leben bringen und an die wir glauben wollen. Dies können wir mit häufigen Wiederholungen verstärken. Wir können uns diese innerlich oder laut vorsagen oder diese mehrfach aufschreiben. Wenn sie für uns stimmig sind, haben wir sie in kürzester Zeit sofort präsent.
Können wir andere Menschen mit Affirmationen beeinflussen?
Affirmationen sind keine “magischen Formeln”, mit denen wir das Verhalten anderer Menschen beeinflussen können. Sie können sich immer nur auf uns selbst beziehen. Wer sich verzweifelt wünscht, dass sich eine bestimmte Person endlich in sie/ihn verliebt, will lediglich wieder kontrollieren, was nicht zu kontrollieren ist. Worin wir uns selbst aber bestärken können, ist das Gefühl, ein liebenswerter Mensch zu sein, der den richtigen Partner auf jeden Fall finden wird!
Der vierte Schritt: Stellen Sie sich vor, wie es sich anfühlen wird, die momentan angstauslösende Situation gemeistert zu haben!
„Und dann schaust du lächelnd auf deinen Weg zurück und denkst: Damals… ganz dahinten, als ich dachte, es geht nicht mehr weiter“ (Internet)
Praxis-Tipp: Aus der Zukunft in die Gegenwart
- Stellen Sie sich vor, dass Sie auf Ihrem (Lebens-)Weg einige Wochen, Monate oder sogar ein Jahr in die Zukunft gehen. Bleiben Sie an einem Punkt stehen, an dem Sie sich sicher fühlen.
- Drehen Sie sich jetzt um und blicken Sie zurück auf die heutige Situation: Sie sind immer noch da. Sie haben die damalige Situation gemeistert – wie auch immer. Ihr Leben ging weiter.
- Genießen Sie das Gefühl, zu erleben, dass alles gut ausgegangen ist.
- Können Sie rückwirkend erkennen, welchen Beitrag Sie dazu geleistet haben? Welche Chancen sich aufgetan haben, die Sie genutzt haben?
Und wenn alles nicht weiterhilft?
Manchmal sind die Überzeugungen, die wir in früheren Situationen abgeleitet haben, so prägend, dass die Veränderung der eigenen Gedanken nicht ausreicht. In der Neurolinguistischen Programmierung gibt es dafür wirkungsvolle Methoden, wie wir mit unseren heutigen Fähigkeiten die vergangene Situation erneut erleben und die alten Programme umschreiben können. Dafür ist meist die Unterstützung eines Therapeuten notwendig.
1.Erleben Sie mit Ihren heutigen Fähigkeiten als Erwachsener in Ihrer Vorstellung erneut die Ereignisse, bei denen Sie unangemessene Ängste gelernt haben!
Wenn wir auf ein Ereignis mit unangemessenen ängstlichen Gedanken reagieren, ist das ein deutlicher Hinweis, dass wir uns durch längst vergangene Ereignisse heute immer noch blockieren lassen. Aus heutiger Sicht als Erwachsener können dies tatsächlich „harmlose“ Situationen gewesen sein, die uns altersbedingt aber bedrohlich erschienen. Manchmal reicht es nicht, die eigenen Gedanken zu verändern. Wir müssen die vergangene Situation in unserer Vorstellung erneut erleben – und zwar mit unseren heutigen Fähigkeiten!
Aus meiner Praxis:
Ein junger Mann kommt in die Praxis. Er hat bisher im Versand eines Baumarktes gearbeitet. Dort schätzte er die Möglichkeit, vorgegebene Aufträge selbständig abzuarbeiten. Aufgrund einer Umstrukturierung wurde er in den Verkauf versetzt. Dort drängen sich oft viele Kunden gleichzeitig durch die Regale. Ständig wird er nach Artikeln gefragt oder um Beratung gebeten. Er bekommt Schweißausbrüche und ihm wird schwindelig. Er flüchtet mehrmals am Tag in den Versand. Nach einer Woche geht er zu seinem Hausarzt. Dieser schreibt ihn für zwei Wochen krank und verordnet angstdämpfende Medikamente. Er kommt, damit ich für seinen Arbeitgeber bestätige, dass er die Arbeit im Verkauf nicht machen kann. Ich leite ihn an, sich eine typische Situation im Verkauf bildlich vorzustellen. In seinem inneren „Film“ verdrehen die Kunden genervt die Augen und halten ihn für einen völlig inkompetenten Mitarbeiter. Er beginnt zu zittern, zu schwitzen – und zu stottern. Ich lasse ihn zur Ruhe kommen und biete ihm an, nachzusehen, wo er in seiner Biografie diese Reaktion gelernt haben könnte. Nachdem er zugestimmt hat, leite ich ihn an, in seiner Biografie zurückzugehen. Er erinnert sich an seine Grundschulzeit. Da er als Kind stotterte, wurde er oft ausgelacht. In seiner Erinnerung scheint die Lehrerin scheint nichts dagegen getan zu haben. Ich frage nach seinen Eltern. Der Vater arbeitete als selbständiger Handwerker, während die Mutter die anfallenden Bürotätigkeiten erledigte und Telefonate annahm. Ihm wurde ausdrücklich verboten, ans Telefon zu gehen. Er erinnert sich an den Ausspruch seines Vaters: „Mit deiner Stotterei vergraulst du mir ja alle Kunden!“. Mit zunehmendem Alter musste er die Eltern in deren Abwesenheit vertreten, wenn Kunden kamen. Er fühlte sich meist unsicher und inkompetent, hatte ständig Angst, etwas Falsches zu sagen. Er entschied sich daher für einen Beruf, bei dem er keinen Kundenkontakt hatte. Diese Angst spürt er bis heute. Wir suchen nach aktuellen Situationen, in denen er seine Fähigkeiten gut einsetzen kann. Ich lasse ihn das Vertrauen in seine Fähigkeiten spüren. Mit diesem Gefühl geht er erneut in die alten Situationen und „schreibt sie um“. Erst jetzt kann er wirklich frei entscheiden, ob er sich der Herausforderung im Verkauf stellen oder sich woanders wieder eine Tätigkeit im Versand suchen will.
2. Entscheiden Sie sich, trotz ihrer Angst in reale angstauslösende Situationen zu gehen und neue Erfahrungen zu machen!
Aus meiner Praxis:
Eine Frau wurde als Kind von einem Hund gebissen. Immer noch sieht sie vor sich, wie der große Hund aus einem Hoftor herausschoss und auf sie losging. Heute als erwachsene Frau fürchtet sich immer noch vor Hunden. Und zwar nicht nur vor großen, sondern auch vor kleinen Hunden – egal, ob sie an der Leine sind oder nicht. Jedes Mal gerät das kleine Mädchen in ihr in Panik: „Hilfe – ein Hund!“. Sie gewöhnte sich an, beliebte Hundespazierwege zu meiden, ging irgendwann nur noch mit anderen Personen in die Natur. Jetzt hat sie aber eine 2-jährige Tochter, die fröhlich kräht, wenn sie einen Hund sieht. Sie entscheidet sich, ihrer Tochter zuliebe, ihre “alte” Angst endlich zu verarbeiten. Sie findet als Erfolgserlebnis eine Situation, bei der sie auf dem Spielplatz energisch einige Jugendliche in die Schranken gewiesen hatte, die ihre Tochter geärgert hatten. Mit diesem Gefühl “ausgerüstet” begegnet sie in ihrer Vorstellung erneut dem Hofhund und stellt sich vor, wie sie als das kleine Mädchen von damals streng “Stopp” ruft und entschlossen an diesem Hund vorbeiläuft. Streicheln will sie ihn ausdrücklich nicht – für mich völlig in Ordnung. Danach lasse ich sie mehrere aktuelle Hundebegegnungen vorstellen. Sie lernt, beim Anblick eines Hundes sofort Vertrauen in sich selbst zu bestärken: „Ich bin jetzt erwachsen. Ich kann damit jetzt umgehen. (nicht: Der tut nix!) sowie Hunde aufmerksam wahrzunehmen: Leine? Friedliche Körpersprache? Aufmerksamkeit des Hundeführers? Immer noch hat sie nicht den Wunsch, einen Hund tatsächlich zu streicheln, sondern möchte selbstsicher an ihm vorbeigehen. Wir üben in der Vorstellung ebenfalls einem hochspringenden Hund ein Stopp-Signal zu geben bzw. den Hundeführer konsequent an seine Pflichten zu erinnern (“Bitte rufen Sie Ihren Hund zu sich!”). Dann geht es darum, von der Vorstellung ins Handeln zu kommen. Wir gehen an einen beliebten Hundespazierweg. Als ein kleiner Hund freundlich wedelnd vor ihr steht, hat sie auf einmal den Impuls, den Hund zu streicheln…